Einfach nur chillen? Voll Okay. Abhängen und Musik hören? Natürlich. Eine Nacht in der Disco durchfeiern? Auch das geht. Über Liebe und Sex reden? Auf jeden Fall! Jugendliche im Kinderhospiz Löwenherz haben wie alle jungen Menschen altersspezifische Bedürfnisse. Eine spannende Herausforderung für Pflege und Pädagog*innen im Jugendhospiz Löwenherz.

Selbstbestimmung und Privatsphäre
Wenn aus dem Baby- ein Jugendphone wird, wenn die Windel zur Schutzhose wird, dann werden aus Kindern plötzlich Teenager. Doch nicht nur die Sprache ändert sich, auch an die Pflege und die pädagogischen Angebote im Jugendhospiz werden andere Ansprüche gestellt. Es geht um Selbstbestimmung, um Privatsphäre, um den Umgang Sexualität.
„Es ist immer wieder auch eine Herausforderung, jungen Menschen mit den unterschiedlichsten Einschränkungen altersgerechte Dinge anzubieten“, sagt Jen Sallein aus dem Begleiterteam. Und sie weiß, wovon sie spricht. Schließlich hat sie bereits 2013, damals noch als Heilerziehungspflegerin im Kinderhospiz, bei Löwenherz angefangen. Wenige Monate später gehörte Sie dann dem Team an, das sich mit Einrichtung und Konzept für das Jugendhospiz beschäftigte. Seit Anfang 2019 arbeitet sie als Heilpädagogin im Begleiterteam.
„Wir arbeiten ganz eng mit der Pflege zusammen und schauen, was in jedem individuellen Fall möglich ist“
Jen Sallein, Heilpädagogin bei Löwenherz
„Ich glaube, das ist für mich eine Berufung. Die Arbeit mit den Jugendlichen liegt mir wirklich am Herzen“, sagt Jen Sallein. Besonders angetan ist sie vom Thema „Recht auf Sexualität trotz Behinderung“. Ein Recht, dass den Betroffenen ihrer Erfahrung nach leider noch viel zu oft abgesprochen wird. „Bei uns im Löwenherz ist das zum Glück anders. Denn wir wollen nicht nur in schweren Stunden da sein, sondern auch die lebensbejahenden Dinge tragen. Und dazu gehört auch die Körperwahrnehmung, das Selbstbild und die sexuelle Identitätsentwicklung.“
Gefragte Expertin bei Eltern und Pflegedienst
Als Expertin auf diesem Feld ist Jen Sallein, die aktuell eine entsprechende Fortbildung zur ISSB Sexualberaterin macht, gerne Ansprechpartnerin für Ihre Kolleg*innen aus der Pflege im Jugendhospiz. „Wir arbeiten da ganz eng zusammen und schauen, was in jedem individuellen Fall möglich ist. Das Pflege-Team ist gut sensibilisiert.“ Aber auch Eltern oder sogar Pflegedienste zählen auf die Beratung der Löwenherz-Expertin.
„Liebe und Sexualität haben bei den Jugendlichen einen großen Stellenwert“
Jen Sallein, Heilpädagogin bei Löwenherz
Zum ersten Mal wird es bei Löwenherz jetzt sogar eine eigene Themenwoche „Liebe, Partnerschaft und Sexualität geben“ geben – entstanden aus der „Wovon träumst Du?“-Woche. „In diesen ‚Wovon-träumst-Du?‘-Wochen lassen wir den Jugendlichen Raum für Wünsche. Dabei arbeiten wir ganz eng mit der Pflege im Jugendhospiz-Bereich von Löwenherz zusammen. Schon im Vorfeld müssen wir planen, was möglich ist und was wir ermöglichen möchten und können. Und oft reagieren wir natürlich auch ganz spontan“, erklärt Jen Sallein. So ging es gemeinsam mit Pflegekräften in die Disco oder die Kneipe, Traumberufe und -reisen wurden thematisiert – und es gibt ganz viel Raum für den Austausch mit der Peer Group. Natürlich heißt es immer: Achtung, elternfreie Zone!
„Dabei haben wir bemerkt, dass wir einen extra Rahmen für Liebe und Sexualität schaffen müssen, da dieses Thema einen großen Stellenwert bei Jugendlichen hat – ob mit oder ohne Beeinträchtigung“, weiß die Pädagogin. Mit Sicherheit werde es in Bezug auf Liebe, Partnerschaft und Familie auch viele ernste – vielleicht auch traurige – Gedanken geben, aber: „Es ist beeindruckend, wie stark die Jugendlichen sind und wie sie mit ihrer individuellen Situation umgehen.“