Abschalten, auf andere Gedanken kommen, Kraft sammeln: Das Kinderhospiz Löwenherz bietet Familien mit einem unheilbar erkrankten Kind einen Luxus, den es in dieser Form im Alltag oft nicht gibt.

Constantin kommt gerade von einem kleinen Ausflug aus dem großen Garten zurück. Die automatische Tür öffnet sich, der Achtjährige gleitet im Rollstuhl ins Innere des Kinderhospizes, im Schlepptau eine Pflegerin. Mutter Meike wartet schon. Mit einem Lachen im Gesicht erzählt sie: „Constantins Bewegungsdrang ist einfach phänomenal. Er ist überall im Haus unterwegs. Besonders der Musikraum hat es ihm angetan.“
„Hätten wir vorher gewusst, wie toll es hier ist, wären wir schon viel früher gekommen.“
Meike bei ihrem zweiten Aufenthalt bei Löwenherz
Derweil ist Constantins zwei Jahre jüngere Schwester Charlotte im Löwenherz-Garten auf Rollschuhen unterwegs. Sie hat sich schnell mit einem anderen Geschwisterkind angefreundet. „Das Begleiterteam kümmert sich wirklich intensiv um die Geschwister. Sie lesen, toben und basteln – viele Dinge, die zu Hause schon manchmal zu kurz kommen. Constantins Pflege nimmt uns als Eltern schon sehr in Anspruch“, sagt Meike.
Ihr Sohn kam als Frühchen in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt, zusammen mit seiner Zwillingsschwester Sofia. Sofia verstarb kurz nach der Geburt. Constantin überlebte, trotz Hirnblutungen vierten Grades. Die Folgen sind unter anderem starke epileptische Anfälle, die häufig einen Notarzteinsatz nach sich ziehen. Heute geht der Achtjährige auf eine Förderschule für körperlich und geistig Behinderte.
Meike und ihr Ehemann hatten lange damit gewartet, sich für einen Aufenthalt im Löwenherz anzumelden. Das Wort „Hospiz“ habe sie abgeschreckt, ihnen war zunächst nicht bewusst, dass ein Kinderhospiz nicht wie ein Erwachsenenhospiz funktioniert, dass ein Kinderhospiz in erster Linie auch Entlastungspflege bedeutet. „Es war ein langer Weg bis hierher. Zu akzeptieren, dass das eigene Kind früher versterben wird als andere Kinder, das ist sehr schwer. Im Löwenherz können wir über unsere Sorgen und Ängste sprechen. Hier weiß ich, dass Constantin gut versorgt ist. Die Pflegekräfte kümmern sich liebevoll und mein Vertrauen zum Löwenherz-Team ist so groß, dass ich auch schon mal einen Spaziergang machen oder eine Massage in Anspruch nehmen kann. Wir werden auf jeden Fall nicht das Letzte Mal im Löwenherz sein, das ist klar“, stellt Meike fest.
„Im Löwenherz können wir über unsere Sorgen und Ängste sprechen.“
Meike, Mutter von Constantin
Viele Familien, die zum ersten Mal zu Gast im Löwenherz sind, berichten Ähnliches. Denn zumeist erfordert die Betreuung ihres kranken Kindes einen rund-um-die-Uhr-Einsatz. Eine Fahrt ins Grüne, zu Freunden oder in einen anderen Ort, bedeutet immer auch einen Höchstaufwand an Organisation. Während der Aufenthalte bei Löwenherz ist das anders. Das gesamte Team von Pflegekräften, Seelsorge, Pädagogen und Hauswirtschaft ist darauf aus, dass es allen gut geht. „Bei uns ist nicht nur die Pflege sehr individuell auf das erkrankte Kind zugeschnitten, auch die Versorgung und Betreuung der Familie steht im Fokus. Alle sollen bestmöglich begleitet werden“, sagt Dorota Walkusz, die Haus- und Pflegedienstleitung im Löwenherz.
In den noch verbleibenden Tagen ihres Aufenthalts können sich Constantin, Charlotte und Meike noch auf schöne Momente wie Spazierengehen, Basteln und Musik hören freuen. „Davon zehren wir dann in unserem Alltag und es spendet Trost, wenn es mal nicht ganz so gut läuft“, sagt Meike.