Kultursensible Pflege, was ist damit eigentlich gemeint? Und wie gehen Pflegerinnen und Pfleger im Löwenherz mit diesem Thema um? Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Meral gibt Antworten.
Kultursensible Pflege: Bereicherung und Herausforderung
Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen haben unterschiedliche Bedürfnisse an die Pflege. Für alle Mitarbeiter*innen eine gleichermaßen herausfordernde wie auch bereichernde Situation im Arbeitsalltag. Gibt es religiöse Besonderheiten, die beachtet werden müssen? Welche Rituale spielen möglicherweise eine besondere Rolle? Die kultursensible Pflege widmet sich diesen Fragen, um Missverständnisse zu vermeiden, Hindernisse zu beseitigen und Komplikationen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Meral arbeitet schon seit vier Jahren im Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz. Sie ist in der Türkei geboren, ihre Muttersprache ist kurdisch. Als Muslimin weiß sie natürlich um die Bedürfnisse der Löwenherz-Familien, die Wurzeln in ihrem Kulturkreis haben. Im Rahmen ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin wurde das Thema transkulturelle und kultursensible Pflege zwar angesprochen, aber nur rudimentär behandelt. „Meiner Meinung nach wird zu wenig in der pflegerischen Ausbildung darauf eingegangen. Und das, obwohl unsere Gesellschaft immer diverser wird, das ist schade“, findet Meral.
Wünsche der Familien werden ernst genommen
Bei Löwenherz steht der erkrankte Gast mit seiner individuellen Krankheitsgeschichte im Vordergrund, selbstverständlich ohne dabei Religion und Kultur auszublenden. „Natürlich hilft es gerade bei muslimischen Familien, wenn ich ihre religiösen Hintergründe und ihr oft tief verwurzeltes kulturelles Selbstverständnis nachvollziehen kann, das schafft Vertrautheit“, weiß Meral. Doch das sei längst nicht alles. „Alle Pflegerinnen und Pfleger im sind sehr umsichtig mit unseren Gästen. Alle haben das notwendige Fingerspitzengefühl füreinander.“ So werden die Wünsche der Familien bei Löwenherz sehr ernst genommen. Es gilt die Devise: Die Familien sind die Spezialisten für ihre Kinder mit einer unheilbaren Erkrankung.
„Das gegenseitige Vertrauen zwischen Pflege und Gästen ist da, Wünsche können ohne Scheu geäußert werden.“
Meral, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin bei Löwenherz
Situationen, bei denen sich die Pfleger*innen besonders rücksichts- und verständnisvoll verhalten müssen, kommen immer wieder vor. So zum Beispiel bei einer muslimischen Großmutter, die darum bat, ihre jugendliche Enkelin möge nicht von einem Pfleger, sondern von einer Pflegerin gewaschen werden. Oder der Wunsch, trotz Aufenthalt im Löwenherz, den Ramadan einzuhalten. „Gemeinsam entscheiden wir, was machbar ist und was nicht. Denn die spezielle Fürsorge für Kinder und Eltern ist unser oberstes Gebot, egal, welche Kultur dahintersteht“, sagt Löwenherz-Geschäftsführerin Gaby Letzing.
Regelmäßige Supervisionen und der ständige Austausch untereinander sorgen dafür, dass die kultursensible Pflege bei Löwenherz nicht nur eine Phrase ist, sondern aktiv gelebt wird. „Das Gute bei Löwenherz ist außerdem, dass das gegenseitige Vertrauen zwischen Pflege und Gästen da ist. Wünsche können und sollen ohne Scheu geäußert werden. Viele Familien besuchen uns zudem seit Jahren, so entsteht sehr oft ein Gefühl der Geborgenheit“, berichtet Meral.