Wenn Georg im Kinderhospiz Löwenherz ankommt, ist er jedes Mal wieder überwältigt. Überwältigt von der Atmosphäre im Haus, überwältigt von der tollen Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger – und überwältigt von der Reaktion seiner schwerstkranken Tochter.
„Sophia fühlt sich hier richtig wohl. Zuhause hat sie viel geschrien, aber seit wir im Löwenherz sind, ist sie wie ausgewechselt, sie lacht und ist richtig glücklich. Löwenherz ist für sie etwas ganz Besonderes.“ Und das gilt nicht nur für die 18-Jährige. Auch für Vater Georg und seine Frau ist Löwenherz ein ganz zentraler Bezugspunkt im Leben. „Seit 2010 sind wir immer wieder hier, die Aufenthalte sind eine wichtige Entlastung für uns.“
Gerade in Zeiten von Corona ist die Familie nahezu rund um die Uhr gefordert. Seit März geht Sophia nicht mehr in die Schule, ist den ganzen Tag zuhause, der Kontakt zu anderen Jugendlichen fehlt. Ständig müssen verschiedene Pflegedienste koordiniert werden, an den Wochenende gibt es aktuell gar keine Unterstützung mehr. Ein Zustand, der an die Substanz geht. Da kommt Georg die Löwenherz-Väterwoche gerade recht. „Ich bin extra zwei Tage früher angereist, die Zeit brauche ich zum Abschalten. Erst danach kann ich über verschiedene Dinge nachdenken, im Alltag haben wir dazu keine Zeit, wir kommen nie zur Ruhe“, beschreibt Georg seine Situation. „Wenn ich wieder abreise, bin ich ein ganz anderer Mensch.“
Bevor er abreist, erwartet ihn und sieben weitere Väter aber ein volles Programm. Ganz anders, als es die vielen „Wiederholungstäter“ aus den vergangenen Jahren gewohnt sind, aber nicht minder intensiv. Denn trotz der coronabedingten Einschränkungen haben die Löwenherz-Pädagogen Jens Hannekum und Ansgar Schönhoff unter dem Motto „Alles im Rahmen!?“ ein Programm zusammengestellt, das gleichermaßen einen Rahmen für heitere Stunden wie auch nachdenkliche Momente bietet. „Es ist wirklich eine interessante Thematik. An welchen Stellen im Leben gibt es einen Rahmen, der uns einschränkt, anleitet aber auch Halt geben kann?“, erläutert Ansgar Schönhoff. „Jeder Vater hat seinen eigenen Rahmen hinterfragt und sich individuell mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Ergebnisse wurden dann in der Gruppe vorgestellt, reflektiert und wir sind darüber ins Gespräch gekommen“, so der Pädagoge weiter. „Die Ergebnisse waren sehr interessant und auch wichtig für jeden selbst.“
Daneben gab es natürlich auch genügend Zeit für andere Aktivitäten: Darts-, Kicker-, Spiele- und Bingoabende, ein Grillfest oder ein Bowlingturnier an der Wii. Und, ganz wichtig: Zeit für sich und das eigene Kind. „Im Vorfeld mussten wir uns natürlich immer die Frage stellen, was wir unter Berücksichtigung der Hygiene- und Coronavorschriften überhaupt realisieren können“, sagt Ansgar Schönhoff.
„Es ist ein wichtiges Gefühl, in das Team eingebettet zu sein und von den Erfahrungen anderer profitieren zu können.“
Ansgar Schönhoff, Pädagoge im Kinderhospiz Löwenherz
Da er aber erst seit vergangenem September im Löwenherz arbeite, kenne er viele Dinge ja gar nicht ohne Einschränkungen: „Trotzdem ist es auch in dieser schwierigen Situation bemerkenswert, dass das gesamte Team aus Pädagogen, Pflege, Hauswirtschaft und allen anderen wie eine große Familie ist, jeder schwingt mit.“ So könne er einfach für die Kinder und ihre Familien da sein, auch der Umgang mit Trauer sei eine elementare und wichtige Erfahrung für ihn. „Es ist ein wichtiges Gefühl, in das Team eingebettet zu sein und von den Erfahrungen anderer profitieren zu können.“
„Was in der Pflege geleistet wird, ist sowieso einfach nur toll“
Georg, betroffener Vater
Genau dieses Gefühl, das Gefühl nicht allein zu sein, möchten das Pädagogen-Duo in der täglichen Arbeit und während der Väterwoche transportieren. Und das funktioniert. „Du kannst allen Löwenherzen vertrauen, auch der Austausch mit den anderen Vätern über für uns alltägliche Dinge wie Pflegedienste, Ärzte und Krankenhäuser ist gut und wichtig. Und was in der Pflege geleistet wird, ist sowieso einfach nur toll. Ich kann einfach loslassen – das ist ganz wichtig“, sagt Georg. Entsprechend fällt auch sein Fazit nach der Väterwoche aus: „Einwandfrei! Besser geht es nicht!“