Hannover-Anderten – Ein Stück Selbstbestimmung außerhalb der familiären Fürsorge und die Abnabelung vom Elternhaus gehören für alle Menschen zum Erwachsenwerden dazu – auch für junge Erwachsene mit einer lebensverkürzenden Erkrankung. Ab Anfang 2021 werden vier junge Frauen und Männer mit einem intensiven Pflegebedarf und vier junge Menschen ohne Handicap in der Löwenherz-WG ein neues Zuhause in Hannover-Anderten finden. Es ist die deutschlandweit erste Wohngemeinschaft dieser Art, gegründet und geführt als neues Projekt vom Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz in Syke.
Und so steigt die Vorfreude zum Beispiel bei Christian und Mutter Andrea, mit jedem einzelnen Tag ein bisschen mehr. Ohne Frage ein großer Schritt, eine Reise ins Ungewisse. „Eigentlich sind wir beide richtige Gewohnheitsmenschen, vertraute Abläufe sind uns wichtig. Anderseits bin ich mir sicher, dass Christian die Veränderung guttun wird. Seit sein Bruder nicht mehr bei uns wohnt, fehlt ihm der Trubel, der Kontakt mit Gleichaltrigen“, sagt Andrea. Beide hätten ein gutes Bauchgefühl, denn: „Als wir uns das Haus vor ein paar Monaten gemeinsam angeschaut haben, hat er gelacht und sich gefreut. Da wusste ich, dass mein Sohn die WG angenommen hat“, beschreibt die Mutter den Ausflug auf die WG-Baustelle, der ihre Sorgen zerstreuen konnte. Ebenfalls ein gutes Gefühl sei es gewesen, als betroffene Familie bereits in der Planungsphase der Löwenherz-WG ein Teil dieses deutschlandweit einzigartigen Projekts zu sein: „Beim Aufbau beteiligt gewesen zu sein, ist ein Geschenk für mich. Das macht die ganze Sache rund, ich fühle mich glücklich und bereichert.“
Vor zwei Jahren entstand bei Löwenherz die Idee, eine inklusive Pflege-Wohngemeinschaft zu gründen, da es keine Perspektiven für diese jungen Menschen gab. Die entsprechenden Angebote fehlten. „Wir wollten über unsere stationäre und ambulante Arbeit hinaus ein Angebot bieten, bei dem junge Erwachsene die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes Leben haben, auch wenn sie lebensbegrenzt erkrankt sind“, sagt Löwenherz-Geschäftsführerin Gaby Letzing. „Durch die unterschiedlichen Sichtweisen wurde schnell klar, was wünschenswert ist: kleine Wohneinheiten in einer größeren Stadt, eine gute medizinische Versorgung, Freizeitmöglichkeiten und die Nähe zu den Eltern“, so Gaby Letzing weiter.
Der Umbau ist im Dezember abgeschlossen, dann verfügt das WG-Haus über vier große Pflegezimmer sowie Küche und Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss. Vier Zimmer in der ersten Etage sind für nichtbehinderte Auszubildende oder Studenten bestimmt: „Wer mit diesen besonderen Menschen zusammenzuleben möchte, kann sich bereits jetzt bei uns melden. Ab April sollen die vier oberen Räume vermietet werden“, so Gaby Letzing voller Vorfreude. Einzige Voraussetzung sei Interesse an dem Projekt und die Beteiligung am täglichen Leben, so die Vorstellung von Gaby Letzing bezüglich der künftigen Mitbewohner*innen.
Pflege, Versorgung und Freizeitprogramm werden übrigens durch Fachkräfte rund um die Uhr sichergestellt. Die Familien haben sich für den ambulanten Kinderkrankenpflegedienst „Krank und Klein – bleib daheim GmbH“ aus Sulingen entschieden. Und Sozialpädagoge Mirco Beyer hospitiert bereits im stationären Kinder- und Jugendhospiz in Syke, um den Löwenherz-Spirit nach Hannover zu tragen.
Bildunterschrift: Mutter Andrea und Sohn Christian freuen sich auf den Umzug in die Löwenherz-WG in Anderten. Foto: M. Müller / Ambulante Kinderkrankenpflege Krank und Klein
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