Jeder Mensch möchte über sich selbst bestimmen. So haben auch Kinder und Jugendliche, die lebensverkürzend erkrankt sind, ihren eigenen Willen und möchten ernst genommen werden. Dabei haben sie manchmal ganz andere Wege, dies zum Ausdruck zu bringen.
Der 20-jährige Wian ist durch seine Muskeldystrophie auf pflegerische Unterstützung und Hilfsmittel angewiesen. Er ist ein selbstbewusster junger Mann. „Eigentlich wollte ich eine Ausbildung im Bereich Holz oder Metall machen“, erzählt er lachend. Dafür fehle ihm aber die Kraft. Nach ein paar Praktika hat er sich im vergangenen Jahr für die Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement entschieden.
„Ich übe jeden Tag in der Ausbildung mich weiterzuentwickeln. Ich möchte trotz pflegerischer Abhängigkeit für mich selbst sorgen“, sagt Wian. Zusammen mit seinen Eltern berät er sich vor wichtigen Entscheidungen – doch abschließend hat er das letzte Wort. Er kennt sich und seinen Körper am besten. Seine Eltern und seinen jüngeren Bruder unterstützt er ganz selbstverständlich mit Behördentelefonaten, er füllt Formulare aus und regelt vieles mehr. Alles kein Problem. Sein Ziel ist es, die Ausbildung gut abzuschließen, den Führerschein zu machen, ein eigenes Auto zu haben, um noch unabhängiger und flexibler unterwegs zu sein.
Selbstbestimmung: Einfluss von außen verunsichert
Für Annika bedeutet Selbstbestimmung: Über die eigenen Anliegen – egal ob schwer oder einfach – selbst zu bestimmen, ihr Leben eigenständig zu gestalten. Die 26-Jährige ist aufgrund ihrer Erkrankung körperlich stark beeinträchtigt und verständigt sich per Sprachcomputer. „Es ist bei manchen Angelegenheiten sehr schwer, selbstbestimmt zu entscheiden, da mich der Einfluss von außen doch verunsichert“, gibt Annika zu bedenken. Sie müsse sich dann durchsetzen. Und das ist gar nicht so einfach. Doch für Annika war es immer wichtig, ihren Weg
zu gehen: mit viel Ausdauer, Mut, dem Verständnis und der Geduld ihrer Mitmenschen.
Annika hat sehr feine Antennen und weiß genau, ob sie ernst genommen wird. „Ich erkenne das an der Stimmlage. Viele Menschen weichen mir auch aus oder fangen plötzlich ein ganz anderes Thema an.“ Sie können nicht nachvollziehen, dass Annika alles versteht und auf Ja- und Nein-Fragen antworten könne. Von engen Vertrauten in ihrem direkten Umfeld fühlt sich Annika jedoch ernst genommen. „Meine wichtigsten Entscheidungen waren: Alleine mit Assistenz zu wohnen, nicht in der Werkstatt zu arbeiten und einen Freund zu haben. Und es hat alles geklappt, so wie ich es mir vorgestellt habe.“
Wer mehr über das spannende Thema Selbstbestimmung erfahren möchte, ist herzlich eingeladen zur Podiumsdiskussion „Hörst Du mich? Autonomie und Selbstbestimmung erkrankter Kinder und Jugendlicher in palliativer Begleitung“ am Dienstag, 20. Juni, 18 bis 20 Uhr, im Gehörlosenzentrum Bremen.